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Physik: Strom des Quanten-Hall-Effekts besitzt zusätzliche magnetische Eigenschaften

Nummer 150/2024 vom 17. Dezember 2024
Der Quanten-Hall-Effekt, ein fundamentaler Effekt der Quantenmechanik, erzeugt nicht nur einen elektrischen, sondern auch einen magnetischen Strom. Dieser entsteht durch die Bewegungen der Elektronen auf einer Bahn um die Atomkerne. Das zeigen Berechnungen eines Teams der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) im Journal "Physical Review Letters". Die Erkenntnisse könnten genutzt werden, um neuartige günstige und energieeffiziente Bauelemente zu entwickeln.

Egal, ob Handys oder Computer: In allen technischen Geräten fließt Strom. Dieser erzeugt jedoch Wärme, wodurch Energie verloren geht. Zudem lassen sich konventionelle Computerchips nicht beliebig verkleinern. Die Spin-Orbitronik erforscht Alternativen, um Informationen ohne Energieverlust speichern und verarbeiten zu können. Die Grundidee ist es, neben der Ladung des Elektrons auch dessen Spin und dessen orbitales Moment für die Informationsverarbeitung zu nutzen. Dabei ist der Spin der Eigendrehimpuls der Elektronen und das orbitale Moment entsteht durch die Bewegung der Elektronen auf Bahnen um die Atomkerne. "Lassen sich beide Effekte kombinieren, könnte man neue Bauelemente entwerfen, die effizienter und leistungsfähiger sind", sagt die Physikerin Prof. Dr. Ingrid Mertig von der MLU.

Ausgangspunkt für die neue Studie war die Entdeckung des Quanten-Hall-Effekts, für dessen Nachweis Klaus von Klitzing 1985 den Nobelpreis für Physik erhielt. Der Effekt tritt auf, wenn sich Elektronen bei extrem niedrigen Temperaturen in einem sehr starken Magnetfeld befinden. "Das Besondere am Quanten-Hall-Effekt ist, dass elektrische Ströme erzeugt werden, die nur am Rand einer Probe fließen und dass der dazugehörige elektrische Widerstand nur ganz bestimmte Werte annehmen kann", sagt Dr. Börge Göbel. Obwohl der Effekt seit Jahrzehnten bekannt ist, konnte das Team mit seinen Berechnungen eine neue Erkenntnis liefern: Die elektrischen Randströme haben zusätzlich magnetische Eigenschaften durch das orbitale Moment der Elektronen. "Diese könnten in Zukunft genutzt werden, um zusätzliche Informationen zu transportieren und um elektrische Geräte energieeffizienter zu betreiben", sagt Göbel. Das Besondere dabei: Der neue Effekt tritt zusätzlich zum Quanten-Hall-Effekt auf und ist nicht an seltene und teure Materialien geknüpft. Das ist in der Spintronik sonst oft der Fall.

Göbel und Mertig setzen ihre Arbeit bereits jetzt in dem internationalen Forschungsprojekt "Orbital Engineering for Innovative Electronics" (Obelix) fort. Dieses wird im Rahmen des "Pathfinder"-Programms des Europäischen Innovationsrats gefördert. Ziel ist es, neue marktfähige Technologien zu erforschen. Hierfür kooperieren Mertig und Göbel mit Forschungseinrichtungen aus Deutschland, Frankreich und Schweden.

Ihre Expertise auf dem Gebiet der Spin-Orbitronik bringen Mertig und Göbel auch in das geplante "Center for Chiral Electronics" ein, mit dem sich die MLU gemeinsam mit der Freien Universität Berlin und der Universität Regensburg um eine Förderung bei der Exzellenzstrategie bewirbt. Beteiligt ist auch das Max-Planck-Institut für Mikrostrukturphysik in Halle.

Studie: Göbel B. & Mertig I. Orbital Hall Effect Accompanying Quantum Hall Effect: Landau Levels Cause Orbital Polarized Edge Currents. Physical Review Letters (2024). doi: 10.1103/PhysRevLett.133.146301

 

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